Wir befinden uns heute im Übergang von der Industriegesellschaft zur sogenannten „Wissensgesellschaft“, die durch die Entwicklung und Nutzung intelligenter Produkte und Dienstleistungen gekennzeichnet ist. Produkt und Dienstleistungen werde durch neue Technologien und Innovationen so verändert, dass sie den individuellen Kundenwünschen zielgenau gerecht werden. Das hat zur Folge, dass Wissen den dynamischen und schnelle Veränderungen unterliegt und somit zu einem strategisch bedeutenden Wettbewerbsfaktor von Organisationen geworden ist. Zusätzlich erfordert auch die zunehmende Globalisierung standortübergreifende Prozesse, die eine regelmäßige Aktualisierung und Austausch von Wissen ermöglichen und bei der Ermittlung strategisch relevanter Wissensdefizite unterstützen. Deshalb nimmt die Halbwertzeit von Wissen deutlich ab und erfordert von Organisationen, dass diese systematische Lernprozesse in ihren Abläufen und Routinen integrieren, wenn sie langfristig überleben wollen.

Organisationen sind aus diesem Grunde gefordert

·       alle organisationalen Lernprozesse in geeigneter Weise mit den strategischen Unternehmenszielen zu verknüpfen.

·       den Umgang mit organisationalem Wissen als systematischen Geschäftsprozess in die bestehende Organisation zu integrieren.

·       das gemeinsam entwickelte organisationale Wissen allen Organisationsmitgliedern zur Verfügung zu stellen und fortlaufend zu aktualisieren.

Zusätzlich werden in immer mehr Geschäftsprozessen interdisziplinäre Teams zur Problemlösung eingesetzt. Ziel der Teamarbeit ist es, organisationale Barrieren, die sich durch die oftmals vorhandene funktionale Zergliederung der Organisation ergibt, aufzuheben und durch neue, temporäre und flexible Formen der Zusammenarbeit zu ersetzen, um organisationale Fragestellungen und Probleme gemeinsam zu bearbeiten und neue und innovative Lösungsalternativen zu entwickeln. Dabei sind Teams der Ort im operativen Tagesgeschäft von Organisationen, indem vielfältige Lernprozesse initiiert und weiterentwickelt werden. 

Und eben gerade die immer wechselnden Teamzusammensetzungen und die sich stetig verändernden Lernanforderungen und Lernumgebungen machen es erforderlich, gemeinsam im Team kontinuierlich den Lernprozess zu systematisieren. Das Kennzeichen erfolgreicher Teams wird es sein, gemeinsame Lernstrategien zu entwickeln, diese im Rahmen der Teamarbeit zu implementieren und kontinuierlich zu verbessern.

Teamentwicklung und Lernstrategien

 Der Kern von Teamarbeit ist das Team selber. Dabei stellt sich die Frage, wie Teams gemeinsam und effizient lernen können und die innerhalb der Teamarbeit gemachten Lernerfahrungen in organisationales Lernen überführt werden können. Ein zentraler Aspekt spielt dabei das Teamlernen. Der Begriff des Teamlernens wurde im Wesentlichen durch Peter Senge mitgeprägt. Seine Definition liefert für diese Arbeit eine gute Ausgangsbasis, auf der eine systematische Vorgehensweise entwickelt werden kann. Peter Senge beschreibt Teamlernen als „Prozess, durch den ein Team seine Fähigkeit, die angestrebten Ziele zu erreichen, kontinuierlich ausrichtet und erweitert“[1]. Teams sind innerhalb von Organisationen der zentraler Entscheidungs- und Umsetzungsort im Umgang mit notwendigen Veränderungen geworden. Daraus ergibt sich, dass effiziente und innovative Teams der Schlüssel für die Bewältigung der deutlich ansteigenden Komplexität in der Umwelt einer Organisation werden. Teamlernen umfasst nach Peter Senge drei wichtige Disziplinen:

  • Zentrales Element von Teamlernen ist es, gemeinsam über komplexe Fragestellungen nachzudenken und die daraus entstehenden neuen Erkenntnisse verfügbar zu machen.

  • Teamlernen selber ist nur dann nachhaltig erfolgreich, wenn es dem Team gelingt, eine ausgewogene Balance zwischen Innovation und Koordination herzustellen. Die Teammitglieder werden dann zu einem erfolgreichen Team zusammenwachsen, wenn sie sich gegenseitig ergänzen.

  • Erfolgreich lernende Teams übernehmen innerhalb der Organisation eine gewisse Vorbildfunktion. Weil sie fortwährend ihre eigenen Lernprozesse kritisch überdenken und gemeinsam dialogisch erforschen, gelingt es ihnen, neue Techniken und Fähigkeiten des Teamlernens  zu entwickeln und zu verbreiten.[2]

Ergänzend zu den oben angeführten Aspekten, die mit dem Begriff Teamlernen verknüpft sind, müssen auch die Phasen der Teamentwicklung berücksichtigt werden, wenn es darum geht, Lernstrategien innerhalb von Teamarbeit systematisch zu entwickeln, implementieren und verbessern. Ziel ist es, passend zu den jeweiligen Phasen der Teamentwicklung eine Vorgehensweise zu entwickeln, die in jeder Phase der Teamentwicklung organisationales Lernen im Team systematisch unterstützt. 

In Anlehnung an Bruce W. Tuckman sind bei der Teamentwicklung insgesamt fünf Phasen zu berücksichtigen[3]. Diese sind:

1. Forming: In dieser Phase geht es darum, dass sich die Gruppe als Team findet. Im Vordergrund steht hierbei das soziale Lernen, das besonders effizient in einem offenen Klima, das durch einen respektvollen Umgang miteinander geprägt ist, verläuft. 

2. Storming: In der nun folgenden Phase treten Konflikte in den Vordergrund. Für die weitere Entwicklung des Teams müssen diese Konflikte gemeinsam im Team bearbeitet werden. Dabei spielen insbesondere die „theories-in-use“ eine entscheidende Rolle, weil sie kritisch hinterfragt werden müssen. 

3. Norming: In dieser Phase der Teamentwicklung werden die gemeinsamen Spielregeln, also auch die gemeinsam geteilten „theories-in-use“ festgelegt. 

4. Performing: Hierbei handelt es sich um die eigentliche Arbeitsphase. Der Modus der Zusammenarbeit basiert nun auf den vorher gemeinsam festgelegten Spielregeln und der Fokus bei der gemeinsamen Teamarbeit liegt auf der konkreten Bearbeitung der definierten Fragestellung mit der Suche nach neuen und innovativen Lösungskonzepten und deren Implementierung. 

5. Adjourning[4]: Dies ist der Auflösungsprozess des Teams. Die Bearbeitung der konkreten Fragestellung ist abgeschlossen und das Team löst sich auf.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Teamlernen ein zentraler Aspekt für die Bewältigung der Komplexität in der Umwelt von Organisationen einnimmt. Teams können deutlich komplexere Aufgabenstellungen schneller bearbeiten als dies in hierarchischen Organisationsstrukturen möglich ist. Im Hinblick auf die oben dargestellten Phasen der Teamentwicklung kann jedoch eine systematische Vorgehensweise im Umgang mit organisationalem Lernen die Effizienz von Teamarbeit weiter steigern.


[1] Vgl. Senge, P. M. (2011): a.a.O., S. 257.

[2] Vgl. Senge, P. M. (2011): a.a.O., S. 257f.

[3] Vgl. Tuckman, B. (1965): Development sequence in small groups. In: Dolores Albarracín. (Hrsg.): Psychological Bulletin, Volume 63. Issue 6 (Jun). Washington: American Psychological Association. S.384-399.

[4] Tuckman, Bruce W. & Jensen, Mary Ann (1977): Stages of small-group development revisited, Group Org. Studies 2. S. 419-427.